Editorial
20 Jahre!
20 Jahre sind eine lange Zeit. Vor 20 Jahren gab es vieles noch nicht. Wir meinen nicht nur das iPhone – auch andere praktische Dinge wie das Partnerschaftsgesetz etwa. Oder die Gleichstellung von Partnerinnen und Partnern bei den Pensionskassen. Vieles, was heute selbstverständlich erscheint, mussten Frauen und Männer hart erkämpfen. Als Filmfestival haben wir nur einen kleinen Beitrag zu den gesellschaftlichen Verbesserungen geleistet. Aber wir glauben, dass auch dieser Beitrag wichtig war fürs Ganze. Filme sind Kultur. Und Kultur ist der Nährboden, auf dem eine Gesellschaft blühen kann.
20 Jahre sind nicht nur eine lange, sie sind auch eine kurze Zeit. Einige von uns sassen vor zwei Jahrzehnten im nicht ganz so fernen Frauenfeld zusammen und fanden, ebendieses habe dringend ein schwullesbisches Filmfestival nötig. Schliesslich gab es das damals nicht, und was es nicht gibt, das gehört erfunden. Der Geist von damals lebt noch heute im Namen «Pink Apple» weiter – ein Lob auf das beliebteste Agrarprodukt des Kantons. Der Geist lebt aber auch in den drei Tagen weiter, die Pink Apple jedes Jahr im Thurgau verbringt.
In den 20 Jahren seit der Geburt von Pink Apple sind nicht nur wir reifer geworden, auch die Filme, die wir zeigen, haben sich verändert. Die Auswahl an guten Streifen ist über die Jahre gewachsen, zu den Low-Budget-Produktionen haben sich ein paar mit nicht ganz so tiefen Produktionsmitteln gesellt. Egal, ob Kurz- oder Langfilme, Spiel- oder Dokumentarfilme, solche mit lesbischem oder schwulem Inhalt: Die Vielfalt ist gewachsen, die Ideen sind nicht ausgegangen. Es ist überaus erfreulich, dass nicht nur wir als Festival an Statur gewonnen haben, sondern auch das, weswegen es uns überhaupt gibt: die Filme.
20 Jahre sind eine schöne Gelegenheit, um einen Kreis zu schliessen. Wir gehen zurück zur Quelle und zeigen erneut den allerersten Film, der je bei Pink Apple lief: «The Celluloid Closet» – ein Blick aufs schwule und lesbische Hollywood. Er bildete damals den Auftakt unserer ersten Ausgabe. Dazu passt, dass wir den diesjährigen Pink Apple Award an die Macher dieses Werks verleihen dürfen: Rob Epstein und Jeffrey Friedman. Die beiden haben in den vergangenen Jahrzehnten mit ihren Filmen Grosses für die Community geleistet. Mit unserem Award zollen wir ihnen dafür Anerkennung.
Nach 20 Jahren darf man ruhig Rückschau halten. Doch sollte man den Blick auch nach vorne richten. Wir tun das unter anderem, indem wir erstmals in unserer Geschichte ein Kinderfilmprogramm zeigen. Der Grund dafür ist erfreulich: Die Community hat Nachwuchs erhalten. Landauf, landab sind Regenbogenfamilien entstanden. Was viele vor 20 Jahren noch für recht unwahrscheinlich hielten, ist heute gang und gäbe: dass Lesben und Schwule Mamis und Papis werden. Und da die Prioritäten von Familien sich manchmal von denjenigen Kinderloser unterscheiden, will Pink Apple auch den Regenbogenfamilien etwas bieten.
So ist das. Wir nehmen Kurs auf die nächsten 20 Ausgaben von Pink Apple. Und wir hoffen, dass ihr uns weiterhin dabei unterstützt. Herzlichen Dank allen, die seit Jahren ins Kino pilgern und die einst eine kleine Idee aus Frauenfeld zu dem gemacht haben, was es heute ist: das grösste (und wichtigste!) Schweizer Festival für den schwulen und lesbischen Film.
Euer Pink-Apple-Team